Veröffentlichung im TERRA Magazin

Wenn Lebensträume einer Familie wahr werden – Fünf Monate Sri Lanka

1. Dezember 2011
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17 Min.
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Kategorien: Alle | Publikationen | Sri Lanka
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Smilla ist definitiv der schnellste Kontaktanbahner und Herzensöffner unserer Familie.
Smilla ist definitiv der schnellste Kontaktanbahner und Herzensöffner unserer Familie.
17 Min. Alte Königsstädte, endlose Sandstrände, üppige Blütenpracht und exotische Tiere – der Name Sri Lanka bedeutet zu Recht „strahlend leuchtendes Land“. Die Insel im indischen Ozean war unser Traumziel. Fünf Monate verbrachte ich mit meiner Frau Annette und unseren Töchtern Amelie und Smilla auf Sri Lanka.

Erschienen in:

Deutschlands größtes Naturreise-Magazin
16 Seiten | Text & Fotos

Die ersten Schritte

Blonde Locken, wackelige Beinchen und ein aufgeregtes „Daaaaaa“ mit ausgestrecktem Zeigefinger auf das endlose Nass deutend – zum ersten Mal in ihrem Leben sieht unsere 16 Monate alte Tochter Smilla das Meer. Es ist fünf Uhr früh. Zwölf Stunden Nachtflug, eine Stunde im Auto und ein paar Hundert Meter Floßfahrt liegen hinter Smilla, ihrer Schwester Amelie, Annette und mir. Die Begeisterung unserer Jüngsten wischt in einem Augenblick alle Reisestrapazen weg.

In diesem Augenblick spüren wir: Angekommen. Endlich da! Langsam werden unsere Köpfe frei für das, was vor uns liegt: Fünf Monate Sri Lanka. Fünf Monate, die vieles verändern werden.

Zwei Fragen stellen sich Annette und mir: Werden wir es schaffen, die zehnjährige Amelie selbst zu unterrichten? Annette und ich haben keine Lehrerfahrung. Und wie wird Smilla auf Land und Leute reagieren? Bisher war sie nie südlicher als Stuttgart.

Ankommen braucht Zeit. Wir verbringen die erste Woche in einer Öko-Lodge nördlich von Colombo. Halbpension, Bungalow mit Strandzugang, ideal zur Eingewöhnung. Amelie und Smilla bekommen viel Zeit, um alles Neue zu beschnuppen: Gerichte, Gerüche, Menschen, Tiere.

Endlich im Traveller-Modus

Für die erste Etappe mieten wir einen klimatisierten Kleinbus samt Fahrer. So werden wir fast alle längeren Strecken auf der Insel zurücklegen. Erste Etappe ist Bentota.

Im Ayubowan Resort staunen wir über Warane, die im Pool baden, kichern über die Tausendfüßler, die Smilla über die Zehen laufen und erschrecken über Fledermäuse, die bei Dunkelheit lautstark in den Palmen zetern. Smilla ist in ihrer Neugier kaum zu bremsen. Immer wieder müssen wir sie festhalten, damit sie nicht ins Meer läuft, in einen Teich springt oder mit Jagdgeheul kleinen Strandhunden oder Waranen nachstellt.

Smilla ist in ihrer Neugier kaum zu bremsen.

In Balapitiya erkunden wir den Fluss Madu Ganga mit dem Boot. Direkt neben dem Anleger aalen sich bis zu drei Meter lange, sehr grimmig dreinschauende Warane. Amelie zählt 21 Exemplare. Auf der halbtägigen Flussfahrt bestaunen wir zahllose farbenprächtige Vogelarten, darunter viele Eisvögel, denen wir uns bis auf wenige Meter nähern können.

Anschließend besuchen wir ein kleines Inselkloster, in dem fünf Mönche und Novizen leben. Unbeeindruckt wackelt Smilla durch das Kloster und, angelockt vom Essensgeruch, landet sie schließlich im Speisesaal. Sie tippt energisch auf den Esstisch und fordert lautstark brabbelnd eine Portion. Die anwesenden Novizen kichern verlegen. Wir locken Smilla mit ein paar Keksen wieder aus der Küche und hoffen, dass die Novizen ihre einzige Tagesmahlzeit ungestört einnehmen können.

 

Polonnaruwa: Alltagsszene am Fluss in der Stadt: Mama hat Waschtag und putzt Zähne, während Papa und Sohn „a nice day“ wünschen.

 

Ab nach Galle

Ein Halbtagesausflug mit dem Tuk Tuk führt uns in das Fort von Galle, 1998 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Die Befestigungsanlage, deren Ursprünge bis auf das 16. Jahrhundert zurückgehen, ragt aus einer Halbinsel nahe des Hafens heraus. Die dicken Schutzwälle des Forts trotzten sogar dem Tsunami von 2004.

Wir steuern auf eine alte Villa zu, dem Privatmuseum des arabischen Kaufmanns Gaffar. Dieser hat in über vierzig Jahren eine riesige Sammlung historischer Kulturgegenstände zusammengetragen. Ein Bruchteil seines Schatzes ließ er hier für Besucher herausputzen. Wir staunen über Keramiken, Uhren, Schmuck, Fotoapparate, Mitgifttruhen, Münzen, Anker, Bücher, Stoffe, Möbel und sogar über ein intaktes Grammophon aus den Zwanziger Jahren.

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Yala

Heia Safari! Heute gehen wir mit gemietetem Jeep und Fahrer auf Streifzug durch den ältesten Naturpark Sri Lankas. Die Leopardendichte ist hier weltweit die höchste und entsprechend groß sind unsere Erwartungen. Auf den holprigen Wegen werden wir kräftig durchgeschüttelt.

Krokodile! Was! Wo? Doch die scheuen Reptilien sind so weit weg, dass wir sie für Baumstämme halten. Wäre da nicht der „Tracker boy“, ein lokaler Aufspürer, der uns hilft, Tiere zu entdecken und zu identifizieren. Nahe eines Wasserlochs beobachten wir eine Herde lautlos grasender Sambarhirsche. Im Hintergrund ziehen sich bewachsene Dünen bis zum Meer. Wunderschön. Das Funkgerät springt an, alle erschrecken. Ein Tracker boy hat nicht weit von uns einen Leoparden gesichtet. Wir geben Gas.

Drei Minuten später erreichen wir die Stelle. Mühsam entdecken wir in 200 Metern Entfernung einen schlafenden Leoparden auf einem Baum. Langsam wird es dunkel. Soll das schon alles gewesen sein? Wir fahren weiter.

Plötzlich empörtes Gepruste und Posaune, Büsche bewegen sich, schwere Schritte entfernen sich. Wir haben Elefanten aufgeschreckt. Ein Stückchen weiter haben wir Glück: Nur etwa 10 Meter neben uns weilt eine kleine Herde Elefanten. Auch ein Jungtier ist dabei. Der kleine Rüsselträger scharrt mit dem Vorderhuf, tapst herum, schnüffelt mit dem Rüssel. Amelie und Smilla sind ganz fasziniert. Es ist mucksmäuschenstill im Jeep.

Nach zehn Minuten zieht sich die Herde ins Dickicht zurück. „Tschüß, kleiner Elefant“. Für Amelie war das der Höhepunkt des Tages. Für uns Eltern auch.

Ab ins Hochland

Wir verlassen die Küste und legen mit dem Van in fünf Stunden 1.000 Höhenmeter zurück. Im Zielort Ella, eingebettet in eine herrliche Berglandschaft, blicken wir bis zur 100 Kilometer entfernten Küste.

In den folgenden Tagen ist Bewegung angesagt: Wanderausflüge auf die umliegenden Gipfel stehen auf dem Programm. Wir brechen auf zum Ella Rock. Die ersten Kilometer legen wir auf alten, kaum befahrenen Bahngleisen zurück; eine gute Laufstrecke für Smilla. Der Weg führt an Teeplantagen entlang, wo Tamilinnen unentwegt Teeblätter pflücken und in Bastkörben auf ihrem Rücken sammeln.

Ein einheimischer Alter verrät uns eine Abkürzung auf den Gipfel. Mit der Pfeife im Mund geht er voran. Es wird steil, mein Puls schlägt im Ohr. Schweißtropfen, schwerer Atem, Schweigen. Smilla schläft. Erst oben, wird sie wieder wach – vom Geraschel der Lunchpakete. Auf einem Felsvorsprung, der nach drei Seiten spektakulär abreißt, verputzen wir unseren Proviant. Über uns schweben Adler und beobachten das Tal. Auf dem Rückweg kommt uns eine fünfköpfige Gruppe Amerikaner entgegen.

Plötzlich kreischt einer „Snake, snake, a Cobra!“. Alle bleiben stehen, suchen den Boden ab. „Where, where?“. Doch die Schlange ist längst verschwunden. Langsam beruhigen sich alle, machen einen großen Bogen um die Stelle, wo die tödliche Schlange gesichtet worden ist. Amelie ist den Tränen nahe. Wir setzen unseren Weg fort, kräftig mit den Füßen stampfend, um etwaige Reptilien zu vertreiben.

Ella: Die ersten Kilometer unserer Familienwanderung auf den Ella Rock führen entlang einer selten befahrenen Bahnstrecke. Sogar Smilla läuft ein paar Hundert Meter, ansonsten darf sie im Tragegestell auf Papas Rücken alles beobachten.

Kulturelles Dreieck

Die Orte Sigiriya, Anuradhapura und Polonnaruwa beschreiben das sogenannte kulturelle Dreieck Sri Lankas. Ihnen gemein ist die Vergangenheit als Sitz der Könige über 12 Jahrunderte. Sigiriya Rock, ein trutziger steiler Fels, diente im 4. Jhd. König Kassapa als Schutzburg vor der Belagerung seiner Verfolger.

Die schweißtreibende Besteigung über steile, endlose Treppen und Stahlleitern wird auf dem Gipfelplateau mit fantastischen kilometerweiten Ausblicken auf die Landschaft belohnt. Anuradhapura und Polonnaruwa bieten dem kulturinteressierten Besucher zahllose Tempelruinen und Felshöhlen, von denen leider nur wenige in ihrer historischen Pracht erhalten sind.

 

Ella: Die ersten Kilometer unserer Familienwanderung auf den Ella Rock führen entlang einer selten befahrenen Bahnstrecke. Sogar Smilla läuft ein paar Hundert Meter, ansonsten darf sie im Tragegestell auf Papas Rücken alles beobachten.

Kulturelles Dreieck

Die Orte Sigiriya, Anuradhapura und Polonnaruwa beschreiben das sogenannte kulturelle Dreieck Sri Lankas. Ihnen gemein ist die Vergangenheit als Sitz der Könige über 12 Jahrunderte. Sigiriya Rock, ein trutziger steiler Fels, diente im 4. Jhd. König Kassapa als Schutzburg vor der Belagerung seiner Verfolger.

Die schweißtreibende Besteigung über steile, endlose Treppen und Stahlleitern wird auf dem Gipfelplateau mit fantastischen kilometerweiten Ausblicken auf die Landschaft belohnt. Anuradhapura und Polonnaruwa bieten dem kulturinteressierten Besucher zahllose Tempelruinen und Felshöhlen, von denen leider nur wenige in ihrer historischen Pracht erhalten sind.

Das Ende der Welt

Nach der Hitze im kulturellen Dreieck stehe es uns nach Abkühlung. Wir ziehen nach Nuwara Eliya, der mit 2000 Metern am höchsten gelegenen Stadt Sri Lankas an. Die Stadt wirkt so, als ob sich viktorianische Häuser in einem Schweizer Bergstädtchen verirrt haben.

Das Hotelzimmer hat einen Kamin, wir nutzen ihn nicht. Das ist ein Fehler, wie wir nachts feststellen. Bei vier Grad Außentemperatur hüllen wir uns in drei Lagen Wolldecken, um uns warm zu halten. 5 Uhr. Der Wecker klingelt. Wir lassen uns auf den Horton Plains absetzen und wandern in der aufgehenden Sonne zum „World’s End“, dem schroff abfallenden Ende des Hochplateaus.

800 Meter geht es hier kerzengerade nach unten. Halb schwindelig, halb müde machen wir Rast und lassen unseren Blick in die Ferne schweifen. Smilla protestiert lautstark, darf hier aber nicht aus ihrer Trage. Die ersten Wolken ziehen unter uns auf und werden bald die Sicht in den Abgrund verhüllen.

Bei vier Grad Außentemperatur hüllen wir uns in drei Lagen Wolldecken, um uns warm zu halten.

Projektvisite mit dem deutschen Botschafter

Der deutsche Botschafter Jens Plötner, den wir in Batticaloa kennenlernen, lädt Amelie und mich ein, ihn beim Besuch eines GTZ-Projekts (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) zu begleiten. Dabei geht es um die Wiederansiedlung und Ausbildung von weiblichen Bürgerkriegsflüchtlingen, vorwiegend Tamilinnen. Einige der Frauen mussten aufgrund des Bürgerkrieges zehnmal flüchten und sich immer wieder neu ansiedeln.

Ein großes Problem ist die Wiedergeltendmachung von Landeigentum: Nach Ende des Krieges im Mai 2009 sind viele in ihre Heimat zurückgekehrt, haben aber dort ihr Land besetzt vorgefunden. Diesen Menschen stellt die GTZ ein Stück Land als Wohn- und Nutzfläche zur Verfügung und betreibt eine Erwachsenenschule. Botschafter Plötner nimmt sich viel Zeit: Aufmerksam lauscht er den Worten der Frauen, fragt viel nach, scherzt.

Das GTZ-Projekt trägt Früchte – im wahrsten Sinne des Wortes: Wir kosten von Bohnen und Maiskolben, die uns beim Rundgang aus den Feldern gereicht werden. Für die begünstigten Frauen ist dies ein neues Leben, wenn auch ein beschwerliches: In guten Monaten schaffen sie es, etwa 100 Rupien zu sparen, das sind umgerechnet 70 Eurocent. Amelie mag das kaum glauben, das ist viel weniger als ihr monatliches Taschengeld.

Zurück in die Steinzeit

Wir nehmen vorerst Abschied vom Meer und fahren nach Kandy, der zweitgrößten Stadt Sri Lankas. Auf dem Weg dorthin machen wir halt in Dambana. Dort leben einige hundert Veddas, Ureinwohner Sri Lankas, noch als Jäger, Sammler oder Farmer mit nur minimalen zivilisatorischen Einflüssen: Ohne Strom, ohne fließend Wasser, kaum Kontakte außerhalb der dörflichen Gemeinschaft.

Seit Jahrhunderten hat fast jedes Zusammentreffen zwischen Vedda und Elefant den Tod des einen oder anderen zur Folge

Vedda-Häuptling Uruwarige Wanniya-laeto begrüßt uns im Vorhof seiner Lehmhütte. Er greift meine Hände, schüttelt sie mit ausgestrecktem Arm auf und nieder und schmettert mir ein tenoriges „Hondamai“ entgegen, das Vedda-Sammelwort für „Willkommen“, „Auf Wiedersehen“ und „Einverstanden“. Nach einem kurzen Gespräch erhalten wir seine Erlaubnis, uns im Vedda-Gebiet umzusehen.

Sein Sohn und ein weiterer Vedda begleiten uns. Am Rande eines Reisfeldes sichten wir einen hölzernen Wachturm. Aus den Gesten, Mimiken und Englisch-Bruchstücken der Veddas lernen wir, dass dies ein Elefanten-Warnturm ist. Die grauen Riesen gelten hier als extrem gefährlich. Seit Jahrhunderten hat fast jedes Zusammentreffen zwischen Vedda und Elefant den Tod des einen oder anderen zur Folge. Eine regelrechte Erbfeindschaft.

Wir schreiten vorsichtig durch dichten Laubwald. Immer wieder müssen die Männer warten, wir können ihrem raschen Schritt nicht folgen. Am Ufer eines Baches entdeckt einer der Veddas etwas Beunruhigendes im Sand: Elefantenspuren. Obwohl es schon eine Weile her ist, als der Elefant das Wasser durchkreuzt hat, schlagen wir jetzt sicherheitshalber einen anderen Weg ein.

In der Hütte von Guna Bandiya frage ich die Veddas nach Dingen außerhalb ihres Lebensraumes: Barak Obama, George W. Bush, 11. September 2001, Gandhi, Adolf Hitler. Außer „Bush“ kennen sie nichts davon. Ich frage weiter: Zweiter Weltkrieg? Der 75jährige Kiri Bandiya murmelt „Das muss zur Zeit der Engländer gewesen sein“. Internet? Vijaiatho, 48 Jahre, antwortet „Das gibt es in Mahiyangana.“ Er deutet mit wackelndem Zeigefinger in Richtung des 15 Kilometer entfernten Ortes.

Kein Vedda hat je das Meer gesehen, niemand fragt uns etwas. Veddas interessieren sich für kaum etwas außerhalb ihres Habitats. Es ist nicht wichtig für sie. Warum auch? Sie haben hier alles, was sie zum Leben brauchen. Seit Jahrtausenden.

Die Veddas sind Meister im Feuermachen. Am frühen Morgen macht Vijaiatho aus der Astgabelung eine kleine Feuerstelle.

Kandy – kein Zuckerschlecken

Kandy ist mit über 160.000 Einwohnern die zweigrößte Stadt Sri Lankas. Es geht indisch zu: Autos quälen sich durch die Straßen, Händler bieten Spielzeug und Kleidung feil, dazwischen Bäckereien, Imbisse. Wohlgeruch und Gestank im ständigen Disput.

Eine Stunde Fahrt westlich von Kandy befindet sich das Elefanten-Waisenhaus von Pinnawala. Knapp 70 Dickhäuter leben dort, die meisten sind Opfer eines alten Konfliktes mit der Landbevölkerung. Bauern dezimieren den Lebensraum der Elefanten durch aggressive Landgewinnung, die grauen Riesen verwüsten im Gegenzug Felder oder gar Häuser der Bauern. Nicht wenige bezahlen das mit ihrem Leben. Elternlose Jungtiere werden ins Waisenhaus gebracht, später wieder ausgewildert oder als Arbeitselefant ausgebildet

Eine tonnenschwere Prozession von Dickhäutern zieht an uns vorbei und stürzt sich in die Fluten

Höhepunkt unseres Besuches ist das morgendliche Elefanten-Bad im Fluss. Wir nehmen Platz in einem der Restaurants, die in exponierter Lage direkt am Ufer liegen. Erwartungsvolles Schnattern von Touristengruppen erfüllt die Luft, wird lauter. In gleichem Maße verschlechtert sich meine Laune. Doch dann wird alles anders: Es rumpelt, staubt, die Elefanten kommen!

Eine tonnenschwere Prozession von Dickhäutern zieht an uns vorbei und stürzt sich in die Fluten. Ein paar Tiere trödeln und schnuppern mit ihren Rüsseln an Touristen, die kreischend ausweichen.

Amelie zählt 46 Elefanten. Smilla gibt keinen Mucks von sich, krallt sich ans Geländer und kriegt vor lauter Staunen ihren Mund nicht zu. Die Elefanten plantschen lustvoll, prusten mit ihrem Rüssel das Wasser in die Luft, legen ihren Rüssel bei anderen auf den Schulter als würden sie sagen wollen: „Junge, das wird schon wieder.“ Ein kleiner Elefant verlässt das kühlende Nass und wagt sich neugierig an die Zuschauer heran.

Hungrig ist er und bekommt von einem Elefantenhüter, Mahout genannt, ein paar Bananen gereicht. Schnell sind die vertilgt und gierig schlingert der kleine Rüssel nach mehr. Der Mahout winkt uns heran und drückt Annette und Amelie ein paar Bananen in die Hand. Mit Smilla auf ihrem Arm gelingt es Annette, dem kleinen Dickhäuter die Bananen einzeln zu verabreichen.

Nach einigen Anläufen schafft es auch Amelie. Und sie traut sich auch, den Rüssel des kleinen Draufgängers zu befühlen. Unsere Mädchen sind hellauf begeistert und genießen die zwei Stunden Elefanten-Badezeit bis zur letzten Minute.

Pinnawala, Elefantenwaisenhaus: Über 60 große und kleine Dickhäuter baden jeden Tag im Fluss, ein einmaliges Spektakel für Amelie und Smilla.

Pilgern auf den Adam’s Peak

Von Kandy reisen wir weiter an den Fuß des wichtigsten Berges Sri Lankas, den 2243 Meter hohen Adam’s Peak. Der aus dem Paradies vertriebene Adam soll auf dem heiligen Berg gewesen sein, ebenso Buddha und Shiva. Darum wird der Berg von Christen, Buddhisten und Hindus verehrt und bepilgert.

Nun will auch ich nach oben. Am Abend vor dem Aufstieg stellt sich Amelie vor mich hin und sagt: „Papa, ich komm’ mit.“ Es klingt ein bisschen so, als ob ich es ohne sie nicht schaffen würde. Ich hake ein bisschen nach und erkläre ihr, dass wir nachts aufstehen müssen und es sehr anstrengend wird. Amelie nickt.

Um 2 Uhr starten wir unseren Marsch. Amelie plappert in einer Tour, sie ist furchtbar aufgeregt. Nach einer halben Stunde versiegt ihr Redefluss, wir haben die Treppen erreicht. Wir legen die ersten 800 Stufen zurück, es wird steiler. Dann passiert es: Amelie übergibt sich. Die Aufregung war zu groß. Das war’s, denke ich und sage: „Komm, wir kehren um“. Aber ich habe Amelie unterschätzt: „Nein.“ antwortet sie, „Weiter!“ Und schon hat sie die nächsten Stufen genommen.

Amelie läuft vor mir, bestimmt das Tempo und bleibt stabil. Ein eisiger Wind bläst. Dreimal stoppen wir, um uns mit köstlich süßem Tee aufzuwärmen. Dann, nach 4.800 Stufen und 3 Stunden 15 Minuten Aufstiegszeit, sind wir oben angekommen. Meine Besorgnis weicht und macht Platz für eine Riesenwelle Vaterstolz. Ich nehme Amelie in den Arm und lobe sie für ihre Tapferkeit und ihren Durchhaltewillen.

Kurz nach 6 Uhr erhebt sich die Sonne über die Wolkendecke und taucht die Landschaft rings um den Adam’s Peak in ein atemberaubend zartes Licht. Schweigend genießen wir den Tagesanbruch. Kälte und Müdigkeit kriecht in unsere Glieder, seit einer Stunde harren wir auf dem Gipfel aus.

Zeit für den Abstieg. Nun machen die Knie und Waden besonders auf sich aufmerksam. Wunderbare Ausblicke auf die teils wolkenverhangene Landschaft lassen uns die Beinstrapazen für kurze Zeit vergessen. Amelies Tagebuch weiter: „Um 9 Uhr morgens sind wir im Hotel zurück. Dort hat eine Reisegruppe aplosiert (Anm. von Malte: applaudiert), weil wir es geschafft haben. Das war das Anstrengendste, was ich in meinem Leben gemacht habe“.

Abschied und Neuanfang

Die letzten sechs Wochen verbringen wir am Meer. Genießen Endlose Frühstücke und herrlich faule Tage am Strand. Den ganzen Tag buddeln, spielen, lesen, baden, dösen. Wir entschleunigen, kommen total „runter“. Annette und ich erkennen: Das schönste und wichtigste in unserem Leben ist, zusammen mit unseren Kindern die Welt zu entdecken.

Das steht ab jetzt im Mittelpunkt unseres Lebens. Wir verlassen Sri Lanka genau so aufgeregt, wie wir hier vor fünf Monaten angekommen sind. Das Ende der Reise ist ein neuer Anfang Zuhause. Den ersten Schritt setze ich gleich nach der Rückkehr um: Ich verlängere mein Sabbatical bis Ende des Jahres, um an unser Idee zu arbeiten.

Erfreulicherweise hat sich das Selbstunterrichten Amelies als Erfolg entpuppt: Sie liegt im Stoff weit vor ihrer Klasse und langweilt sich nun ein bisschen. Außerdem haben wir eine wichtige Entscheidung getroffen: 2012 fahren wir wieder los.

 

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